Fondsstandortgesetz
Neuregelung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung bei Grundstücksunternehmen und Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen – Ende gut, alles gut?
Werden in Deutschland belegene vermietete Immobilien in einer Objektgesellschaft, in der Regel einer GmbH, oder einer gewerblich geprägten Personengesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland gehalten, unterliegen die Vermietungsgewinne dieser Gesellschaften grundsätzlich in vollem Umfang der Gewerbesteuer. Eine Ausnahme ist die sog. erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung, wenn diese Unternehmen – ausschließlich – eigenen Grundbesitz oder daneben auch eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen. Ein großes Problem ist dabei – neben weiteren Fallstricken – das Ausschließlichkeitserfordernis, welches im Ergebnis dazu führt, dass selbst geringfügige Nebentätigkeiten zum Entfall der faktischen Gewerbesteuerbefreiung führen. Klassische Beispiele für derartige steuerschädliche Nebentätigkeiten sind z.B. der Betrieb von Photovoltaikanlagen zur Stromeinspeisung ins öffentliche Netz oder die Mitvermietung von sog. Betriebsvorrichtungen wie Lastenaufzügen, Klimaanlagen in Serverräumen, ebenso wie Kühlräume oder Küchenanlagen und Fettabscheider in Gastronomie und Kantinen aber wohl auch sog. Teeküchen in Bürogebäuden.
Hierzu hat der Bundesfinanzhof zuletzt mit 3 wegweisenden Urteilen vom 11.04.2019 entschieden, dass:
- Bei einem Hotel, die Mitvermietung einer Bierkellerkühlanlage, Kühlräumen sowie Kühlmöbeln für Theken und Buffetanlagen im Volumen von ca. 134 TEUR oder rund 1,14% der gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes (III R 36/15) oder
- Bei einem Autohaus, die Mitvermietung von Lackierkabinen mit zugehörigen Zuluft- und Ablufteinrichtungen (III R 5/18) oder
- Bei einem Autohaus mit Werkstatt die Mitvermietung einer Portal-Waschanlage, Hebebühnen, Druckluft-Kältetrockner sowie Werbeanlagen und einem Werbeturm (III R 6/18)
die Anwendung der erweiterten Kürzung wegen Verstoß gegen das Ausschließlichkeitserfordernis zu versagen ist.
Mit weiterem Urteil vom 18.12.2019 (III R 36/17) hat der BFH im Fall der Vermietung eines Warenhauses und einer Tankstelle die zur letzteren gehörende Tankstellentechnik (Fahrbahn, Zapfsäule, Rohrleitungen und Tanks) ebenfalls als schädliche Betriebsvorrichtungen qualifiziert.
Neu an allen vorgenannten Entscheidungen war die Präzisierung des Ausschließlichkeitserfordernisses. Entgegen bisheriger Rechtsprechung einzelner Finanzgerichte kommt bei Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung – unabhängig vom Umfang der mitüberlassenen Betriebsvorrichtungen – nicht in Frage. Eine Bagatellgrenze sieht das Gesetz lt. BFH ausdrücklich nicht vor. Diese sehr restriktive Rechtsprechung war somit in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Auf die Fortbestehende Problematik hatten wir in unserem Beitrag im FYB 2021 hingewiesen insbesondere darauf, dass sich die Praxis schon lange damit behilft, inländische Immobilien über im Ausland ansässige Immobilienobjektgesellschaften zu halten und auch die Geschäftsführungsaufgaben am ausländischen Sitz der Gesellschaft auszuüben, wodurch im Ergebnis die inländische Betriebsstätte als Anknüpfungspunkt für die Gewerbesteuer fehlt.
Mit dem aktuellen Fondsstandortgesetz haben sich insoweit wesentliche und für Immobilieneigentümer vorteilhafte Regelungen ergeben.
Betrieben Grundstücksunternehmen bisher auch die Erzeugung von Strom aus Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Sinne des § 3 Nr. 21 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes oder aus dem Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge, so verloren sie insgesamt die Möglichkeit, die erweiterte Kürzung in Anspruch zu nehmen.
Aktuell wurde die Regelung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in einem neuen Satz 3 um eine Ausnahmeregelung für die Lieferung von Strom und das Betreiben von Ladestationen erweitert. Voraussetzung ist, dass die diesbezüglichen Einnahmen im Wirtschaftsjahr nachweislich nicht mehr als 10 % der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes betragen. Zudem darf der Strom nur in das Netz eingespeist oder an die Mieter des Grundstücksunternehmens geliefert werden, nicht aber an Endverbraucher, die nicht Mieter des Anlagenbetreibers sind (z.B. an den Eigentümer oder die Mieter eines benachbarten Wohn- oder Bürogebäudes). Das Betreiben von Ladestationen für die Öffentlichkeit bleibt hingegen eine begünstigungsschädliche Tätigkeit ebenso wie der Betrieb eines Blockheizkraftwerkes (infolge der ausdrücklichen Bezugnahme auf § 3 Nr. 21 EEG).
Quasi in letzter Minute hat dann noch eine weitere Begünstigung mit erheblicher praktischer Bedeutung Eingang in das Gesetz gefunden. Nach dem neuen § 9 Nr. 1 Satz 3, Buchstabe c) GewStG bleibt die erweiterte Kürzung für Grundbesitz künftig auch erhalten, wenn die Einnahmen in dem Wirtschaftsjahr aus übrigen Tätigkeiten nicht höher als 5 % der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes sind und aus unmittelbaren Vertragsverhältnissen mit den Mietern des Grundstückes stammen.
Im Klartext bedeutet das, dass die Mitvermietung von bisher schädlichen Betriebsvorrichtungen wie Lastenaufzügen, Abluftanlagen- und Fettabscheidern sowie Kücheneinrichtungen in der Gastronomie aber auch von Kühlräumen in Supermärkten aber auch Teeküchen in Büros oder Klimaanlagen in Serverräumen nunmehr grundsätzlich problemlos möglich ist, soweit die „Schmutzgrenze“ von 5 % der Einnahmen eingehalten wird.
Diese Regelung ist höchst begrüßenswert, beendet sie doch den langjährig vor den Gerichten ausgetragenen Streit um das Ausschließlichkeitserfordernis der Vermietung.
Es gilt jedoch zu beachten, dass auch trotz der Unschädlichkeit der betreffenden Einkünfte insoweit keine Steuerbefreiung eintritt. Die Befreiung bezieht sich weiterhin nur auf die unmittelbaren Vermietungseinkünfte; die Einkünfte aus Nebentätigkeiten sind separat zu ermitteln und unterliegen der Gewerbesteuer. In der Regel wird der auf die Vermietung der Betriebsvorrichtungen entfallende Gewinn und damit die Gewerbesteuer wohl meist überschaubar sein.
Im Übrigen wird mit der Neuregelung auch Gleichklang mit § 15 Abs. 3 InvStG hergestellt, der für Immobilien haltende Investmentfonds seit dem InvStG 2018 eine Gewerbesteuerbefreiung vorsieht, wenn der Anteil der erzielten Einnahmen aus aktiver unternehmerischer Immobilienbewirtschaftung in einem Geschäftsjahr weniger als 5 % (Bagatellgrenze) der gesamten Einnahmen des Investmentfonds beträgt (Einzelheiten dazu im BMF Schreiben vom 21. Mai 2019 zu Anwendungsfragen zum Investmentsteuergesetz in der ab 1. Januar 2018 geltenden Fassung). Auch die bisher insoweit geltende Ungleichbehandlung bzw. gewerbesteuerliche Bevorzugung von Investmentfonds wurde nunmehr beseitigt und rechtsformunabhängig Gleichklang hergestellt.
Der Gesetzentwurf wurde am 28. Mai vom Bundesrat beschlossen; die Neuregelung zur erweiterten Kürzung gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2021.
Praxistipp:
So sehr die Neuregelung zu begrüßen ist, fehlt derzeit noch eine Regelung, wie die Schmutzgrenzen von 10 % bzw. 5 % der „Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung“ zu ermitteln sind, hier insbesondere ob es sich um die Kaltmiete handelt oder ob Umlagen für Betriebskosten einzubeziehen sind. Zudem ist unklar, ob auch Erlöse aus der Veräußerung von Betriebsvorrichtungen noch unter die Neuregelung fallen, was beim Abstellen auf die Einnahmen aus der reinen Gebrauchsüberlassung bezweifelt werden darf. Fraglich Zuguterletzt auch, wie aus einer vereinbarten Miete für eine Teilfläche oder ein Gesamtgebäude derjenige Mietanteil bestimmt werden soll, der auf die Vermietung der in der Miete enthaltenen Betriebsvorrichtungen entfällt, zumal diese gerade bei Bestandsgebäuden oft nicht separat im Anlagenvermögen erfasst sind und Daten zu historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten oft nicht vorliegen; somit ist auch hier die „Bewertungsdiskussion“ mit dem Finanzamt vorprogrammiert – wie so oft im Steuerrecht steckt die Tücke wieder im Detail.
In der praktischen Anwendung ist somit weiterhin sicherzustellen, dass:
– der maßgebliche Prozentsatz – auch bei teilweisem Gebäudeleerstand – nicht überschritten wird
– relevante Einkünfte der Gewerbesteuer unterworfen werden
– Betriebsvorrichtungen somit weiterhin insbesondere beim Ankauf eindeutig identifiziert und im Kaufvertrag ggf. entsprechende anteilige Kaufpreise für diese ausgewiesen werden
– Betriebsvorrichtungen weiterhin auf separate Gesellschaften ausgegliedert werden, wenn die maßgeblichen Schmutzgrenzen überschritten sind oder diese – separat oder zusammen mit der Immobilie – veräußert werden sollen.
Die weitere Entwicklung in diesem Bereich bleibt also abzuwarten, insbesondere bei Transaktionen sollte weiterhin mit Augenmaß und im Zweifel mit Vorsicht agiert werden. Bisherige Gestaltungsmodelle werden voraussichtlich ihre Gültigkeit nicht zur Gänze verlieren.